Das Leistungsschutzrecht – oder die Gier der grossen Verlage geht weiter

Noch bevor über das neue Mediengesetz abgestimmt wird, bringen die Verleger bereits die nächste politische Massnahme in Stellung, um Millionen über den Staat abzukassieren. Und erneut lässt sich der Bundesrat vor den Karren spannen. Das zeigt ein Bericht der MEDIENWOCHE, einem Schweizer Fachmagazin für Medien und Journalismus.

Was ist passiert?

Am 17. Dezember 2021 hat der Bundesrat das Justizdepartement beauftragt, das sogenannte Leistungsschutzrecht für Medienverlage auszuarbeiten. Damit sollen Unternehmen wie Google oder Facebook von den Schweizer Verlagen für die Nutzung derer Inhalten zur Kasse gebeten werden können. Klingt nur auf den ersten Blick sinnvoll, wie der Bericht aufzeigt.

Worum geht es beim Leistungsschutzrecht?

Plattformen wie Google zeigen in ihren Suchergebnissen auch Links von Artikeln an (siehe Bild unten). In der Regel nur mit einer Text- und/oder Bildvorschau. Wer einen solchen Artikel lesen will, muss drauf klicken und gelangt anschliessend auf die Website des jeweiligen Verlages.

Beispiel einer Suchergebnis-Seite bei Google. Dabei werden die Links zu Artikeln der Verlage angezeigt. Lesen kann man die Artikel aber ausschliesslich bei den Verlagen, Google verlinkt lediglich.

Wie der Bericht fest hält, übernehmen Google und Facebook die Artikel der Verlage also nicht, sondern verlinken lediglich darauf und bringen den Verlagen damit sogar kostenlos zusätzliche Leser. Sehr viele sogar.

Trotzdem wollen die Verleger, erneut angeführt von ihrem Präsidenten Pietro Supino (Tamedia), Google und Facebook für die Nutzung solcher Vorschauen zur Kasse bitten. Dabei ginge es ihnen um Profit und nicht um Inhalte, wie der Bericht zeigt.

Anmerkung: Das Leistungsschutzrecht betrifft nicht den inakzeptablen Umstand, dass grosse internationale Internetunternehmen wie Google oder Uber in der Schweiz weder Steuern noch Sozialleistungen bezahlen.

Was sagt der Bericht vom Bundesrat?

Als Grundlage dient dem Bundesrat der Bericht der EU zur «Überprüfung der Wirksamkeit der Revision des Urheberrechts», welcher Ende 2021 veröffentlicht wurde.

Bei keinem einzigen der acht analysierten EU-Länder konnten die Autor:innen des Berichts nachweisen, dass ein Leistunsgschutzrecht zu einer Verbesserung geführt habe.

Obschon der Bundesrat selbst schreibt, dass es somit noch zu früh sei, um Aussagen über die Verbesserung der journalistischen Medien durch ein Leistungsschutzrecht zu treffen, lässt er nun in aller Eile ein solches Recht ausarbeiten. Das wirft Fragen auf und irritiert.

Der Bundesrat lässt in seinem Bericht unerwähnt, dass die Verlage selbst entscheiden können, ob Google und Facebook eine ausführliche Vorschau auf ihre Artikel anzeigen.

Der Bundesrat behauptet im Bericht, die Verlage könnten den Journalismus nicht mehr finanzieren, weil die Werbung zu den grossen Online-Diensten fliesse.

Er lässt aber unerwähnt, dass es die grossen Verlage selbst waren, die ihr Inserategeschäft von den journalistischen Inhalten getrennt und als eigenständige Plattformen positioniert haben.

(wir haben dazu berichtet)

Ebenso lässt der Bundesrat in seinem Bericht unerwähnt, dass die Verlage ja selbst entscheiden können, ob Google oder Facebook eine Vorschau auf ihre Artikel anzeigen sollen oder nicht.

Dass der Bundesrat trotz fehlender Grundlagen nun auf einmal auf’s Tempo drückt, zeigt gemäss dem Bericht, wie sehr er sich vor den Karren der grossen Medienkonzerne habe spannen lassen.

Dieser Leistungsschutz bringe nur den grossen Verlagen Vorteile

Der Bericht zeigt, dass die europäische Lösung bis jetzt nachweislich nicht zu einer Verbesserung geführt habe. Im Gegenteil, die Verlage konzentrieren sich weiter darauf, ihre Marktstellung über politisches Lobbying auszubauen und beim Staat die hohle Hand zu machen.

Und wie beim Mediengesetz würden auch beim Leistungsschutzrecht vor allem die grossen Verlage mit reichweitenstarken Online-Medien profitieren. Kleinere Anbieter journalistischer Inhalte drohen leer auszugehen. Denn das Leistungsschutzrecht soll nur für klassische Verlage gelten.

Gleichzeitig würden die Hürden für den Markteintritt von neuen, innovativen Online-Plattformen massiv erhöht mit einer Entschädigungspflicht für die Verlinkung von Medieninhalten.

Weiter wird vermutet, dass Google und Facebook als Reaktion auf ein solches Gesetz selbst Inhalte erstellen würden. Das würde ihre heute schon starke Position weiter stärken und die Verlage würden noch mehr Leser verlieren.

Fazit des Berichtes

Der Artikel sagt und zeigt auf – die Verlage wollen den Fünfer und das Weggli: Zuerst die Subventionen via Medienförderung vom Staat und dann Geld von Google & Co. mit dem Leistungsschutzrecht.

Die Politik aber merke nicht, dass sie dadurch die Medienvielfalt in der Schweiz nicht zu schützen vermag, sondern im Gegenteil der Medienkonzentration und Monopole durch die Grossverlage wie Tamedia, Ringier und CH-Media Vorschub leistet.

Vor allem aber beweisen die Verleger eines – nämlich, dass sie bis heute nicht wirklich begriffen haben, wie das Internet funktioniert und wie man dort erfolgreich Geld mit Inhalten verdient. Dieses Manko und Versäumnis der Vergangenheit sollen nun Andere ausbügeln: Der Steuerzahler mit Subventionsgelder und erfolgreiche Mitbewerber per Gesetz.


Dieser Beitrag basiert auf dem Artikel «Leistungsschutzrecht: Geschenk des Bundesrats an die Verleger», welcher am 11. Januar 2022 in der MEDIENWOCHE erschienen ist. Die Medienwoche ist ein unabhängiges Schweizer Magazin für Medien und Journalismus und unterstützt das Mediengesetz.

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