Mediengesetz: Abstimmungskampf mit Diffamierung
Bei der Abstimmung über das Mediengesetz gibt es nach den ersten Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Befürwortern und Gegnern. Wie nervös die Befürworter sind, zeigen ihre neusten Kampagnensujets.
Es wird knapp am 13. Februar: Je rund 48 Prozent der Befragten sind gemäss einer Umfrage im Auftrag der SRG für oder gegen das Medienpaket (Link). Gemäss einer aktuelleren Befragung von Tamedia stimmen sogar nur 42 Prozent Ja (Link). Für eine Behördenvorlage ist das wenig. Entsprechend nervös reagieren die Befürworter. Sie setzen auf eine neue Strategie und neue Kampagnensujets.
«Blocher-Medien»
So wird seitens der Ja-Kampagne neustens vor «Blocher-Medien» gewarnt, die von einer Ablehnung des Medienpaketes profitieren würden.

Die Hoffnung ist, damit alte Ressentiments zu wecken. Doch mit dem Referendum hat Christoph Blocher nichts zu tun. Dem Vernehmen nach unterstützt er weder persönlich noch über seine Gratiszeitungen den Abstimmungskampf finanziell. Federführend im Referendumskomitee sind Peter Weigelt, Herausgeber der «Ostschweiz» (Link), Bruno Hug vom «Portal24» und Christian Keller vom Basler Online-Medium «Primenews» . Keines dieser Medien gehört Christoph Blocher.
Keine inhaltliche Auseinandersetzung
Ziel der Befürworter scheint es zu sein, aus der Sachfrage, ob Medien vom Staat direkt Geld erhalten sollen, eine ideologische Auseinandersetzung zwischen links und rechts zu machen. Dies, nachdem die Behauptung unglaubwürdig geworden ist, dass mit den Subventionen die Unabhängigkeit der Medien gestärkt würde (Link). Das Gegenteil trifft zu: Das Gesetz stärkt den staatlichen Einfluss (Link).
Statt die inhaltliche Auseinandersetzung über das Gesetz suchen die Befürworter die Diffamierung der Gegner – und damit die Mobilisierung des eigenen links-grünen Milieus.
Kontaktschuld statt Argumente
Ein anderes Motiv der Befürworter stellt die Gegner des Medienpaketes in Zusammenhang mit Gegnern der Corona-Massnahmen. Verbreitet wird es unter anderem von Daniel Graf, Gründer des linken Portals WeCollect, das Unterschriften für links-grüne Referenden und Initiativen sammelt. Richtig ist, dass die «Freunde der Verfassung» die Unterschriftensammlung massgeblich unterstützt haben. Im Abstimmungskampf spielen sie allerdings kaum eine Rolle. Graf erwähnt zur Diffamierung des Referendums im Tweet auch die Präsidenten der Mitte, der GLP und der FDP, damit diese eine Benachrichtigung erhalten.

Graf stellt sich selber gerne als «Radikaldemokrat» dar. Das hindert ihn nicht, die sachliche Auseinandersetzung über das Medienpaket zu vermeiden, und Gegner pauschal und ohne sachliche Grundlage anzuprangern.
Ähnlich geht Hansi Voigt vor, einer der Architekten der vorgesehenen Subventionen für Online-Medien. Profitieren würde davon auch sein Projekt in Basel, das linke Jugendportal «Bajour», wenn die dafür gespendeten Millionen der Roche-Erbin Beatrice Oeri aufgebraucht sind.
«Amerikanische Verhältnisse»
Er warnt mit einer Collage vor «amerikanischen Verhältnissen» und zeigt drei am Sturm auf das Kapitol vor einem Jahr beteiligte Personen. Das sei der «grössere Kontext».

Dass er damit die amerikanischen Verhältnisse gleich selber einführt, vor denen er warnt, kümmert ihn nicht. In den USA redet man in diesem Zusammenhang von «Tribalism» (dt. Stammesdenken), das die sachliche Debatte verhindere und so die Demokratie bedrohe. Wer für ihn die Guten sind, und wer die Schlechten, ist sonnenklar. Den «Nebelspalter» mag er etwa überhaupt nicht. Bei der Lancierung der Online-Plattform im März twitterte er: «Live aus dem Sportpalast.» Stammesdenken pur.
Auch der SP-Präsident macht mit
Die neue Strategie der Diffamierung und des Stammesdenkens aufgenommen hat auch SP-Präsident Cédric Wermuth. Zwar gebe es tatsächlich bei vielen CEO ein Problem der Nähe zur Macht, schreibt Wermuth in einer Reaktion auf den Walder-Skandal auf Facebook (Link).
Für ihn ist es jedoch bloss ein «Skandal» in Anführungszeichen. Der «Nebelspalter», der ihn publik gemacht hat (Link), sei aber ein «rechtskonservatives Propagandadings». In den letzten Jahren sei ein «ganzer Sumpf solcher rechter Medienprojekte entstanden», die im Auftrag «rechter Oligarchen» arbeiten würden und «von den Blochers und Tettamantis dieses Landes finanziert werden».
Die Diffamierungskampagne dürfte auch eine Reaktion auf die Plakate des Referendumskomitees sein; diese prangern an, dass gewinnbringende Unternehmen Steuergelder in Millionenhöhe erhalten. Wobei dies über das ganze Medienpaket sachlich zutrifft, wie selbst die Exponenten der medienkonzerne zugeben.

Hinweis: Der «Nebelspalter» hat neben Markus Somm gut siebzig Aktionäre, die alle gleich viel Aktienkapital eingebracht haben. Diese breite Verteilung ist Garant dafür, dass niemand einen besonderen Einfluss auf die Redaktion ausüben kann. Unter den Personen befinden sich keine aktiven Politiker und niemand aus der Familie Blocher.