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Nein zum Mediengesetz ist ein wichtiger Entscheid

Jürg Grau, Gründer und Herausgeber verschiedener regionaler News-Portalen, kennt als ehemaliger Geschäftsführer der PressWeb AG (NZZ-Gruppe, Tamedia, usw.) den Zeitungs-Markt genau.

Er weiss, dass schon vor über zwanzig Jahren die Tageszeitungen nicht allein über Abos, sondern mit dem Rubrikengeschäft finanziert worden sind. Dass die Verleger dieses Geschäfts ins Internet verlegt haben, damit Millionen verdienen und nun die Kosten für die Zeitungsredaktionen einfach auf den Steuerzahler abwälzen, ist für Jürg Grau nicht inakzeptabel.

Herr Grau, weshalb lehnen Sie das vorliegende Mediengesetz ab?
Jürg Grau: „Aus meiner Sicht ist das Gesetz unfair, schädlich und demokratiefeindlich. Ich rechne damit, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 13. Februar ein klares Zeichen setzen und den gefährlichen Weg zu Staatsmedien in unserem bis dato freien Land mit einem deutlichen Nein stoppen werden.“

Weshalb ist das Mediengesetz unfair?
„Das vorliegende Mediengesetz würde Grossverlage jährlich mit x-Millionen Franken aus dem Portemonnaie der Steuerzahlenden belohnen. Es würde veraltete Geschäftsmodelle zementieren und innovative Angebote bestrafen. Und was noch schlimmer wäre, das Gesetz würde neuen Ideen den Weg auf den Markt verbauen. Junge Medienunternehmerinnen und -unternehmer hätten in der Schweiz kaum noch Chancen.“

Ihre innovativen regionalen News-Portale gingen auch leer aus?
„Ja, genau. Die politisch einflussreichen Grossverlage haben mit Lobbying dafür gesorgt, dass Medien, die sich nicht über Abos mitfinanzieren, keine Subventionen erhalten würden. Die als Argument ins Feld geführte Unterstützung des lokalen und regionalen Journalismus ist natürlich nicht stichhaltig. Unsere Leserinnen und Leser wissen selbst am besten, wer über die lokalen Ereignisse der Gemeinden, Firmen und Vereine ausführlich berichtet.“

Wie beurteilen Sie die Forderung der Zeitungsverleger, dass wegbrechende Werbeeinnahmen durch den Staat kompensiert werden sollen?
„Schaut man genauer hin – und das kann ich als ehemaliger Geschäftsführer der PressWeb AG (Joint Venture der NZZ-Gruppe, Tamedia, Basler Mediengruppe, Edipresse und PubliGroupe für den Online-Rubrikenmarkt) -, ist die Lage klar. Schon vor über zwanzig Jahren konnten sich die Tageszeitungen nicht allein über Abos finanzieren. Der grösste Teil der Einnahmen (neben der allgemeinen Werbung) kam aus dem sogenannten Rubrikengeschäft mit Inseraten für Stellen, Immobilien und Auto-Occasionen. Dieses Geschäft ist erwartungsgemäss praktisch zu 100% in die bekannten Online-Marktplätze abgewandert. Clevere Verleger verdienen damit jetzt Millionen, sehen die Online-Marktplätze neu aber als separate Geschäftseinheiten und wollen – natürlich im Interesse der Aktionäre – die Redaktionen nicht mehr damit quersubventionieren. Das sollen die Steuerzahlerin bzw. der Steuerzahler machen. Es geht beim Mediengesetz also ums Geschäft, gewiss nicht um die Meinungsfreiheit und schon gar nicht um die Demokratie.“

Eingangs haben Sie gesagt, das Mediengesetz wäre demokratiefeindlich. Was meinen Sie damit?
„Das Mediengesetz würde den Markt verfälschen und – einmal mehr – müssten die Jungen für die Älteren bezahlen. Vor allem aber würde es unsere Meinungsfreiheit und unsere Demokratie torpedieren. Das mag in Ihren Ohren jetzt übertrieben tönen, ist es aber nicht. Auf nationaler und kantonaler Ebene ist es extrem wichtig, dass unabhängige Medien ein wachsames Auge auf die politischen Entwicklungen haben. Diese können aber nur glaubwürdig analysiert und hinterfragt werden, wenn die Journalistinnen und Journalisten nicht direkt oder indirekt vom Staat finanziert werden. Die Medien würden ihr Wächterfunktion als Vierte Säule der Demokratie neben Parlamenten, Regierungen und Gerichten verlieren. Die abhängigen Medien könnten auch die freie Meinungsäusserung nicht mehr garantieren, weil sie in vorauseilendem Gehorsam dem Staat gefällig sein wollen. Weshalb? Weil sie mit der Zeit sogar noch mehr Subventionen benötigen. In der Tat wäre dies ein demokratiefeindlicher Teufelskreis, den wir jetzt an der Urne stoppen können.“