Geheimes Video zeigt: Ringier-CEO Marc Walder zwingt Redaktionen auf Regierungskurs
Geheimes Video zeigt: Ringier-CEO Marc Walder zwingt Redaktionen auf Regierungskurs
Leserinnen und Leser fragen sich schon lange, woher die extreme Nähe der Ringier-Medien zum Staat und seiner Corona-Politik kommt. Jetzt zeigt ein Geheimvideo: Ringier-CEO Marc Walder hat den Redaktionen die Regierungstreue verordnet. Von Philipp Gut
In der Schweiz ist es bekannt: Die Ringier-Medien, allen voran die Blick-Gruppe, sind das Megafon des Staates, wenn es um die amtliche Corona-Politik geht. Zwischen dem Ringier-Verlag und Gesundheitsminister Alain Berset scheint eine Standleitung zu bestehen. Regelmässig berichten die Ringier-Medien vorab, was Berset demnächst verkünden wird. Kritik am staatlichen Handeln – und zu kritischer Berichterstattung gäbe es Anlass genug – sucht man in den Ringier-Medien vergeblich. Der Eindruck beim Lesen: Blick & Co. sind regierungstreu bis zum Abwinken. Statt objektiv und kritisch zu berichten, wie es dem Selbstverständnis eines ernstzunehmenden Journalismus entspricht, betätigt man sich bei Ringier lieber als verlängerter PR-Arm von Bundesbern.
Wer steuert die Redaktionen?
Auch in anderen Ländern, wo Ringier tätig ist, fällt auf, dass die Ringier-Medien das Boulevard-Geschäft aufgeben, sobald es um offizielle Covid-Massnahmen geht.
Leserinnen und Leser fragen sich, warum das so ist. Liegt es einfach daran, dass die Journalistinnen und Journalisten freiwillig mit dem Strom schwimmen? Oder werden die Redaktionen gesteuert?
Ich muss gestehen, dass ich bisher immer die erste These vertreten habe. Die zweite – nennen wir sie die Marionettenthese – klang für mich nach Verschwörungstheorie. Irgendwelche mächtigen Männer im Hintergrund sollen den Journalisten vorschreiben, wie sie zu berichten haben? Ich hielt das für abwegig. Ganz besonders in einer liberalen und aufgeklärten Demokratie wie der Schweiz.
Das für Unmöglich Gehaltene ist Tatsache
Doch jetzt kommt aus: Zumindest im Falle von Ringier sind die Redaktionen von oben gesteuert. Und das ist belegt: In einem Video, das im kleinen Kreis aufgenommen wurde und auch dortbleiben sollte, spricht Marc Walder, CEO und Managing Partner der Ringier AG, das für unmöglich Gehaltene aus. Er sagt in dem Filmausschnitt sinngemäss, dass er seine Redaktionen weltweit angewiesen hat, auf jegliche Kritik an der offiziellen Corona-Politik zu verzichten und stattdessen einen strammen Regierungskurs zu fahren.
«Wir wollen die Regierung unterstützen»
Die entsprechenden Aussagen machte Walder am 3. Februar 2021 im Rahmen der Gesprächsreihe «Inspirational Talk» der Schweizerischen Management Gesellschaft. Das virtuelle Gespräch dauert 1:05:18 und wurde vollständig aufgezeichnet. Die entscheidenden Sätze sagt Walder nach Minute 49. «Wo sehen Sie grundsätzlich die Aufgabe der Medien in der Pandemie?», wollte ein Gesprächs-Teilnehmer wissen.
Darauf Walder: «Wir hatten in allen Ländern, wo wir tätig sind – und da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt – auf meine Initiative hin gesagt: ‹Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die Krise kommen.›»
Walder ist offenbar bewusst, dass dieses Bekenntnis seines Eingriffs in die Redaktionsfreiheit Sprengstoff birgt («da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt»), denn er fährt fort: «Das mag Sie jetzt überraschen, aber ich will es an einem Beispiel festmachen.» Walder nennt als Musterbeispiel einer Redaktion, die seinen Appell zur Regierungstreue brav umsetzt, die Blick-Gruppe.
Regierungs-Unterstützung statt Journalismus
Walder dazu weiter: «Meine These ist, um auf diese Frage zurückzukommen: Das nützt im Moment niemandem etwas. Wir müssen versuchen, dass die Politik, ob sie jetzt genug schnell, genug hart, zu wenig hart usw. agiert, das Volk nicht verliert. Und hier dürfen die Medien nicht einen Keil treiben zwischen der Gesellschaft und der Regierung.»
Als Journalist und Bürger eines demokratischen Staates läuft es mir bei diesen Sätzen kalt den Rücken runter. Solch unverfrorene Komplizenschaft zwischen Staats- und Medienmacht kennt man sonst nur aus autoritären Regimes. Verblüfft nehmen wir zur Kenntnis: Der Medienkonzern Ringier schafft sich selbst als unabhängige und kritische Instanz ab und macht statt Journalismus PR für die Regierung.
Ringier sieht Redaktionsfreiheit nicht gefährdet
Wir haben Marc Walder mit seiner Direktive konfrontiert. Die Frage, ob diese inhaltliche Vorgabe des Managements an die Redaktionen nicht deren journalistischer Freiheit widerspreche, lässt Walder durch eine Ringier-Sprecherin mit «Nein» beantworten. «Zwischen Marc Walder und vielen Chefredaktorinnen und Chefredaktoren der Ringier-Gruppe findet seit vielen Jahren ein konstanter und konstruktiver Dialog statt.»
So kann man das auch nennen.
Ausserdem wollten wir von Walder wissen, ob es im Hause Ringier üblich sei, dass den Redaktionen vom Management vorgeschrieben wird, wie sie über bestimmte Themen zu schreiben haben. Antwort Ringier: «Die Redaktionen und Mitglieder der Konzernleitung, insbesondere CEO Marc Walder, Ladina Heimgartner als globale Leiterin Medien und Alexander Theobald als CEO von Ringier Axel Springer Schweiz, tauschen sich konstant aus. Die Verantwortung und Hoheit der publizistischen Berichterstattung liegt stets bei den Redaktionen.»
Schliesslich stellten wir Walder die staatspolitische Grundfrage: Wie sollen die Medien ihre Aufgabe als kritische vierte Macht im Staat wahrnehmen, wenn sie die Regierung unterstützen müssen? Und wie soll man die Medien dann noch als glaubwürdig und unabhängig wahrnehmen? Darauf gehen Walder und Ringier nicht ein und behaupten entgegen den Fakten in einer 180-Grad-Wende, dass die Ringier-Gruppe «die Massnahmen der Regierung – gerade während dieser Pandemie – stets kritisch hinterfragt» habe.
Neues Mediengesetz: Anreiz für kritischen Journalismus schwindet
Zusätzliche Brisanz erhält der Befehl von Walder an seine Redaktionen vor dem Hintergrund der Volksabstimmung über ein «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» vom 13. Februar 2022. Das neue Mediengesetz sieht eine Vervielfachung der Subventionen an private Medien von heute 53 auf 178 Millionen Franken jährlich vor und bindet die Medien damit noch enger an den Staat. Ringier würde zu den Hauptprofiteuren zählen, denn rund 70 Prozent der neuen Subventionen gehen an die Grossverlage. Der Anreiz, staatsunabhängigen und kritischen Journalismus zu machen, dürfte damit gegen Null tendieren. Die Medien, die Ephraim Kishon einst als bellende Wachhunde der Demokratie bezeichnete, würden zu Schosshündchen an der Leine der Politiker schrumpfen.
Dr. Philipp Gut ist Journalist, Buchautor und Inhaber der Kommunikationsagentur Gut Communications. Zudem ist er Geschäftsführer des Abstimmungskomitees «Mediengesetz NEIN».
Foto: Keystone-SDA
Faktencheck, Frau Bundesrätin
Faktencheck, Frau Bundesrätin
Am 13. Februar stimmen wir über das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» ab, welches die Subventionen an die privaten Medien massiv erhöht. Bundesrätin Simonetta Sommaruga und der Präsident des Verlegerverbands, Pietro Supino, behaupten, das viele Steuergeld komme vor allem den Kleinverlagen zugute. Aber stimmt dieses zentrale Argument der Befürworter überhaupt? Ein Faktencheck.
Am 2. Dezember sagte Bunderätin Sommaruga anlässlich ihres Auftakts zur Abstimmungskampagne für das Massnahmenpaket im Echo der Zeit von Radio SRF: «Diese Vorlage machen wir in erster Linie für die kleinen und mittleren Verlage.» Was ist von dieser Aussage zu halten? Sind die kleinen und mittleren Verlage wirklich die Gewinner des neuen Medien-Subventionsgesetzes?
Wir machen den Faktencheck.
Das Medien-Subventionsgesetz im Faktencheck
Früh- und Sonntagszustellung:
Mit dem Massnahmenpaket sollen neu 40 Mio. für die Vergünstigung der Früh- und Sonntagszustellung ausbezahlt werden. Da die allermeisten kleinen und mittleren Verlage aber weder das eine noch das andere haben, gehen diese 40 Mio. praktisch vollständig an die vier grossen Medienkonzerne. Zusätzlich soll die bestehende Posttaxenverbilligung von 30 auf 50 Mio. Franken erhöht werden. Da aber gleichzeitig die bestehende Obergrenze von 40’000 Exemplaren und von 100’000 Exemplaren bei Kopfblättern aufgehoben wird, greifen neu auch die Medienkonzerne mit ihren grossen Auflagen in diesen Topf. Konkret würden damit neu auch die auflagenstarken Zeitungen unterstützt, beispielsweise die NZZ, der Blick oder der Tages-Anzeiger! Da bleibt für die Kleinen nicht mehr viel.
Online-Subventionen:
Kommen wir zu den direkten Subventionen von 30 Mio. im Onlinebereich. Diese sind auf die Förderung von Online-Medien beschränkt, die Publikumseinnahmen erzielen. In der Praxis bestehen aber kaum Bezahl-Plattformen, die von kleinen und mittleren Verlagen betrieben werden. Denn solche Angebote sind für diese zu teuer und ihr Zielpublikum ist zu begrenzt. Also wird auch hier der weitaus grösste Teil der Subventionen direkt in die Taschen der Grossen fliessen.
Gebührensplitting:
Als nächste Kasse wird das Gebührensplitting geöffnet, aus der zusätzlich bis 28 Mio. Franken an regionale TV- und lokale Radio-Stationen verteilt werden sollen. Auch hier braucht es keine lange Begründung, weshalb diese Gelder ebenfalls zu den Grossen fliessen. Kleine Verlage verfügen schlicht nicht über entsprechende Konzessionen.
Weitere Subventionen:
Schliesslich stehen neu 25 Mio. für allgemeine Massnahmen für die Medien zur Verfügung. Dazu zählt insbesondere die Unterstützung von Nachrichtenagenturen und die Aus- und Weiterbildung. Finanzielle Unterstützung erhält auch der Presserat als Selbstregulierungsorgan der Medienbranche. Weiter sollen elektronische Medien unterstützt werden, wenn sie zusammen in IT-Infrastrukturen investieren. All diese Massnahmen nützen kleinen und mittleren Verlagen wenig bis nichts. Geld sehen sie auch hier kaum.
Faktencheck nicht bestanden
Die Fakten sind klar. Von den insgesamt 257 Mio. Franken (ohne die Mitgliedschaftspresse), die neu jährlich verteilt werden sollen, gehen rund 70 Prozent direkt in die Taschen der vier grossen Medienkonzerne Tagesanzeiger-Gruppe, Ringier, CH Media und NZZ. Nimmt man die «Top Ten» der Verlage, dann kassieren diese zusammen weit über 80 Prozent der Subventionen.
Vor diesem Hintergrund das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» als Vorlage für die kleinen und mittleren Verlage zu bezeichnen, hält dem Faktencheck nicht Stand. Vielmehr zeigt sich beim genauen Hinsehen, dass die neuen Mediensubventionen kaum bis zu den Kleinen kommen, sondern zum grossen Teil in die Taschen der grossen Medienkonzerne fliessen.
Schwindeleien einer Bundesrätin

Schwindeleien einer Bundesrätin
Medienministerin Sommaruga erzählt zur Lage der Medien einen ziemlichen Mist.
Es war ein gewaltiges Massensterben. «In wenigen Jahren», so bilanzierte Bundesrätin Simonetta Sommaruga letzte Woche, «sind über 70 Zeitungen verschwunden.»
«Das ist beunruhigend», alarmierte die Medienministerin, «so gibt es Informationsverlust in gewissen Regionen der Schweiz.»
Beunruhigend ist allerdings eher, welchen Schmarren Medienministerin Sommaruga über die Schweizer Medien zum Besten gab. Ihre Zahl von über 70 verschwundenen Zeitungen, «in wenigen Jahren», ist pure Fake News.
Betrachten wir Sommarugas «wenige Jahre» zeitlich grosszügig und gehen bis ins Jahr 2010 zurück. In den letzten zwölf Jahren sind genau drei Tageszeitungen verschwunden. Es waren dies das Boulevardblatt Le Matin von Tamedia, das Kirchenblatt Giornale del Popolo des Bistums Lugano und die Gratiszeitung Blick am Abend von Ringier.
Sonst verschwand keine Tageszeitung.
Zur Entlastung von Sommaruga könnten wir mildernd anfügen, dass in Neuenburg die Redaktionen von L’Impartial und L’Express fusionierten. Dasselbe geschah bei den Berner Blättern Bund und Berner Zeitung. Rechnen wir das generös Sommarugas Leichen zu.
Seit 2010 sind zudem die vier Sonntagszeitungen Schweiz am Sonntag, Ostschweiz am Sonntag, Zentralschweiz am Sonntag und Basler Zeitung am Sonntag hastig gegründet und wegen Misserfolgs schnell wieder eingestellt worden. Aber das waren sowieso keine eigenständigen Titel, sondern bloss siebte Ausgaben ihrer Tageszeitungen aus Aarau, St. Gallen, Luzern und Basel, die es weiterhin gibt.
Fassen wir zusammen. Seit 2010 sind in der Schweiz, auch bei kritischer Betrachtung, keine zehn Zeitungen verschwunden. Sommaruga aber redet von über 70 Blättern, die «in wenigen Jahren» eingegangen seien.
Über 70 verschwundene Zeitungen «in wenigen Jahren» – diese Zahl ist pure Fake News.
Warum erzählt die Bundesrätin einen solchen Schmarren?
Einfache Frage, einfache Antwort. Sommaruga steht mit dem Rücken zur Wand. Im Februar wird über ihr neues Mediengesetz abgestimmt. Es will Zeitungsverlage und Online-Portale jährlich mit über 150 Millionen Franken subventionieren. Die Vorlage, so zeigen alle Indizien, wird scheitern, weil nur die Linke staatlich finanzierten Journalismus will.
Letzte Woche eröffnete Sommaruga mit viel Tamtam den Abstimmungskampf um ihr taumelndes Mediengesetz. Sie präsentierte dazu das Panik-Szenario der über 70 Zeitungs-Todesfälle, das hinten und vorne nicht stimmt.
Zugleich warnte sie vor einem Medienproletariat in manchen Gebieten, wo mangels breiter Information die Demokratie im Niedergang versinke. Sommarugas Appell: «Keine Region darf abgehängt werden.»
Nun stimmt das Bild, das Sommaruga von publizistisch unterversorgten Regionen zeichnet, erneut hinten und vorne nicht.
Nehmen wir zum Beispiel Basel, im Jahr 1977 die erste Stadt mit einem Zeitungsmonopol und dadurch bis heute das Paradebeispiel einer dürren Medienwüste.
In Basel gibt es heute drei Tageszeitungen, die Basler Zeitung, BZ Basel und 20 Minuten Basel. Es gibt den TV-Sender Telebasel. Es gibt mit Radio Basilisk, Energy Basel und Radio X drei Radiostationen. Es gibt das «Regionaljournal Basel» von SRF. Es gibt etliche Lokalblätter wie die Kleinbasler Zeitung. Es gibt die drei einheimischen Online-Portale Online Reports, Bajour und Prime News.
Es braucht viel Fantasie, einen solch florierenden News-Garten als staubige Sahara zu betrachten und zu deren Begrünung Steuergelder auszugiessen. Auch andere Regionen mit sogenannten Monopolen, von St. Gallen über Luzern bis Bern, wie auch ländliche Gebiete, von Freiburg über Oberaargau bis Toggenburg, haben eine bunte Medienlandschaft vorzuweisen.
Ich habe bei Sommaruga nachgefragt, wie sie auf ihre über 70 Zeitungsleichen aus letzter Zeit komme. Die Antwort war windig. Auf einmal hiess es nun, die Todeszahl beziehe sich auf die Periode «seit 2003». Aus den «wenigen Jahren» waren – hübsche Ausrede – nun auf einmal fast zwei Jahrzehnte geworden.
Egal. Selbst seit 2003 sind keine 70 Zeitungen verschwunden. Auf diese Zahl kommt man nur dann, wenn man jedes Käseblättchen mitrechnet, das wegen Erfolglosigkeit eingegangen ist. Das reicht dann von der Wülflinger Zytig bis zum Anzeiger am Rhein. Solche Kleinkunst aber war noch nie demokratierelevant.
Unsere Prognose denn: Frau Bundesrätin Sommaruga, mit solchen Schwindeleien werden Sie Ihren Abstimmungskampf verlieren.
Liebesgrüsse von Links

Liebesgrüsse von Links
Kurz W. Zimmermann schreibt in der Weltwoche: Die kapitalistischen Medienkonzerne haben nur noch einen wahren Freund – die Sozialisten der SP.
Nehmen wir SP-Nationalrätin Jacqueline Badran. Sie hat eine klare Meinung zu den Schweizer Zeitungen und Verlagen. Alle sind sie aus ihrer Sicht journalistischer Schrott.
Die NZZ ist für Badran ein «Propagandablatt». Die Titel von CH Media und Ringier sind «rechts». 20 Minuten aus der TX Group ist «Desinformation». Beim Tages-Anzeiger aus demselben Haus gibt es einen «Rechtsruck».
Badrans Folgerung aus dieser Kritik ist einigermassen verblüffend. Der Staat, sagt sie, muss die Herstellung dieses journalistischen Schrotts künftig mit Hunderten von Millionen an Steuergeldern finanzieren.
Sozialistin Badran ist für das neue Mediengesetz, das im Februar zur Abstimmung kommt. Es will über die nächsten sieben Jahre über eine Milliarde Franken an Subventionen über die Medienbranche ausschütten. Die Schrott-Produzenten von NZZ, CH Media, Ringier und TX Group bekämen davon mehr als die Hälfte, nämlich etwa 600 Millionen.
Oder nehmen wir SP-Nationalrat Matthias Aebischer. Als die TX Group ihre zwei Zeitungen Bund und Berner Zeitung zusammenlegte und dann den Westschweizer Le Matin einstellte, geisselte er das als «reines Profitdenken».
Aebischers Folgerung aus dieser Kritik ist einigermassen verblüffend. Der Staat, sagt er, muss den Gewinn von profitorientierten Unternehmen wie der TX Group künftig mit Hunderten von Millionen an Steuergeldern aufbessern. Auch er ist für das Mediengesetz.
Und nehmen wir als Dritten den Co-Präsidenten der SP, Cédric Wermuth. Er hält die grossen Verlage für eine gesellschaftliche Bedrohung. Er fordert darum, dass «die Demokratie vor dem Missbrauch durch die privaten Medienkonzerne geschützt werden muss».
Wermuths Folgerung aus dieser Kritik ist einigermassen verblüffend. Der Staat, sagt er, muss diese missbräuchlichen privaten Medienkonzerne künftig mit Hunderten von Millionen an Steuergeldern finanzieren. Auch er ist für das Mediengesetz.
Wermuth ist der einzige Präsident der vier Bundesratsparteien, der für die staatliche Finanzierung der privaten Medienbranche ist. Seine drei Pendants Thierry Burkart von der FDP, Gerhard Pfister von der Mitte-Partei und Marco Chiesa von der SVP sind dagegen, dass der Steuerzahler die Rendite der dominierenden Medienhäuser massiv aufpoliert.
Die Liaison zwischen der SP und den Grossverlagen ist eine der ulkigeren Allianzen, welche die Schweizer Politik jemals gesehen hat. Die sonst kapitalismuskritischen Sozialdemokraten setzen sich glühend dafür ein, dass die schon heute hochprofitablen Medienkonzerne in Zukunft noch grössere Profite einfahren können.
Selbst im Corona-Jahr 2020 machten die vier führenden Medienunternehmen TX Group, Ringier, CH Media und NZZ-Gruppe zusammen einen operativen Gewinn von 280 Millionen Franken. Im virenfreien Jahr 2019 waren es sogar 370 Millionen an Profit, den sie gemeinsam einfuhren. Doch auch das scheint der SP noch nicht genug.
Im Jahr 2023, falls das Mediengesetz dann in Kraft tritt, werden TX Group, Ringier, CH Media und NZZ dank staatlicher Hilfe erstmals die Grenze von 400 Millionen an gemeinsamem Gewinn überspringen. Ihre Aktionäre werden für ihre Dividende mit Champagner auf die SP anstossen.
Die seltsame Haltung der SP erklärt sich aus einer Fehleinschätzung des Marktes. Die Partei möchte die «kleinen Verlage» unterstützen. Nur, die gibt es gar nicht mehr. In der Deutschschweiz existieren nur noch zwei kleinere Tageszeitungen, die kapitalmässig eigenständig und nicht Teil eines grösseren Verlagsverbunds sind. Das sind die Schaffhauser Nachrichten und Der Rheintaler.
Die grosse Menge der wirklichen Kleinverlage sind die Dutzenden von Lokal- und Bezirksanzeiger, die in der öffentlichen Diskussion in ihrer Region eine wichtige Rolle spielen. Weil sie gratis verteilt werden, sind sie von der staatlichen Medienförderung ausgeschlossen. Auch die SP war gegen die finanzielle Unterstützung der echten Kleinen, weil ein Teil dieser Titel zum Verlag von Christoph Blocher gehört.
Die Unterstützung des Mediengesetzes ist die erste grössere Fehlleistung des SP-Präsidenten Cédric Wermuth. Sie bestätigt damit jene Skeptiker in seiner Partei, die in ihm nur einen wirbligen Aktivisten sehen, dem aber das strategische Talent noch fehlt. Aber der Mann ist ja noch jung.
Die Villa, die Jacht, das Weingut

Die Villa, die Jacht, das Weingut
Kurz W. Zimmermann schreibt in der Weltwoche: Er glaubt, die staatlichen Subventionen für die Medien gehen in der Volksabstimmung bachab.
Kennen Sie die Villa von Michael Ringier in Küsnacht, in der ein Teil seiner Kunstsammlung hängt? Sie werden sie vermutlich bald kennenlernen.
Kennen Sie die Segeljacht von Pietro Supino am Mittelmeer, auf der er seine Sommerferien verbringt? Sie werden sie vermutlich bald kennenlernen.
Kennen Sie das Schloss von Peter Wanner in Würenlos und seine Weingüter, die sich darunter erstrecken? Sie werden sie vermutlich bald kennenlernen.
Sie werden sie bei der Volksabstimmung zum Mediengesetz kennenlernen. Es wird eine Abstimmung mit Klassenkampf-Kolorit.
«Nein zu Steuermilliarden für Medienmillionäre» ist ein zentraler Slogan des Komitees, das nun die Unterschriften für das Referendum gegen das Mediengesetz sammelt.
Der Ansatz hat etwas. Das neue Mediengesetz, eben im Parlament beschlossen, schüttet zusätzlich um die 140 Millionen Franken im Jahr an die privaten Medienhäuser aus. Das macht in den sieben Jahren, auf die das Gesetz angelegt ist, total eine Milliarde Franken.
Ein hübscher Teil dieser Milliarde wird an die grossen Medienhäuser gehen, also an die Familien von Michael Ringier, Pietro Supino und Peter Wanner. In der Abstimmung werden ihre teuren Villen, Boote und Weingüter zum Thema der Kampagne werden.
Denn die Medien-Milliarde ist selbst im Schweizer Subventionsdschungel ein Sonderfall. Von den jährlichen 42 Milliarden Franken an Subventionen geht sonst kein Geld an profitorientierte Grossunternehmen in Familienbesitz. Das Geld fliesst für anderes, von Landwirtschaft bis Asylwesen.
Insofern trifft das «Nein zu Steuermilliarden für Medienmillionäre» schon einen heiklen Punkt. Nach der Liste des Wirtschaftsmagazins Bilanz ist die Familie um Michael Ringier, die rund 70 Prozent des Unternehmens besitzt, eine knappe Milliarde schwer. Die Familie um Pietro Supino, die gut zwei Drittel ihrer TX Group hält, kommt auf ein Vermögen von etwa 800 bis 900 Millionen. Die Familie von Peter Wanner, dem die Hälfte von CH Media gehört, dem drittgrössten Medienkonzern des Landes, liegt beim Vermögen auch im dreistelligen Millionenbereich.
Noch besser sieht die Sache aus, wenn man ihren Firmenerfolg betrachtet. Selbst im letzten Jahr, dem Jahr der Corona-Wirtschaftskrise, machten die Unternehmen von Ringier, Supino und Wanner zusammen einen operativen Gewinn von exakt 257,8 Millionen Franken.
Warum soll der Steuerzahler solche Millionengewinne zusätzlich aufpolieren?
Ich war bis jetzt dennoch ein Befürworter der geplanten Mediensubventionen. Ich sagte mir: Unsere Presse hat seit 1848 so viel für eine funktionierende Demokratie in unserem Bundesstaat getan, dass sie nun auch mal eine staatliche Gegenleistung einstreichen darf, eine Art Payback für geleistete Dienste.
Inzwischen bin ich skeptisch. Denn die Gelder gehen nun nicht nur an die verdienten Zeitungsverlage. Sie sprudeln auch in irgendwelche Online-Portale, die noch nichts von Belang geleistet haben. Die meisten, weil alternativ getrieben, sind für die echte demokratische Meinungsbildung überflüssig und im Markt darum in aller Regel erfolglos. Warum soll der Staat so etwas durchfüttern?
Es ist klar, warum. Die meisten dieser Internet-Portale sind links-grüne Polit-Plattformen. Die Sozialdemokraten und die Grünen haben darum im Parlament wie verrückt darauf gedrängt, dass Steuergelder in diese Redaktionen ihrer Gesinnungsgenossen fliessen. Ausserhalb von Teilen der SRG und Teilen des Tages-Anzeiger-Verbunds hat Links-Grün sonst keine verlässlichen Verbündeten in der Medienbranche. Darum braucht es eine linke und staatlich finanzierte Online-Szene.
Ich glaube, ich schwenke darum zu einem Nein zum neuen Mediengesetz. Die Finanzierung von Ideologie ist nicht Staatsaufgabe. Das ist seit je private Sache.
Die Abstimmung zum Mediengesetz ist vermutlich im nächsten Frühjahr. Dass im Referendum die nötigen Stimmen zusammenkommen, scheint kein allzu arges Problem. Nach kurzer Zeit schon sitzen im Komitee, rekordverdächtig, 66 aktive National- und Ständeräte aus SVP, FDP und CVP. Auch die Spitze der Grünliberalen ist gegen das Gesetz.
Ich glaube darum, die Mediensubventionen gehen in der Volksabstimmung bachab.
Ich glaube es auch, weil SP und Grüne sich bei ihrer Klientel verkalkuliert haben dürften. «Nein zu Steuermilliarden für Medienmillionäre». Solch klassenkämpferische Töne hört jeder brave Linke gern.